„Raus aufs Land!“

„Raus aufs Land“ – das ist, vereinfacht ausgedrückt, die Trendwende, wie sie sich in der aktuellen „Wohnwetterkarte 2022“ von BPD Immobilienentwicklung und dem Analyseunternehmen bulwiengesa zeigt. Die Wohnwetterkarte bildet das Verhältnis von Angebot und Nachfrage für rund 11.000 deutsche Städte und Gemeinden ab und liefert einen Ausblick auf die nächsten Jahre.

Trendwende bei „Wohnwetterkarte 2022“.

Zu dem früher von Arbeitgebern eher skeptisch bis ablehnend betrachteten Homeoffice, das durch die Corona-Maßnahmen salonfähig wurde, gesellt sich jetzt der Wunsch nach einem eigenen Garten und viel grüner Natur hinzu. Dies betrifft insbesondere die demografisch starke Generation der 30- bis 35-Jährigen. Die Wohnungsmärkte im Umland heizen sich dadurch vielerorts erstmals stärker auf als jene in den Kernstädten.

Bereits 2021 berichteten die Studienautoren, dass Ballungsräume sich weiter ausdehnen. Neu ist nun aber, dass sich mehrere Zentren in Relation dazu sogar etwas abkühlen, während die Nachfrage sich vermehrt auf das Umland konzentriert. „Heiße“ Kommunen hingegen zeichnen sich durch zu wenig freien Wohnraum und vor allem zu geringe Bautätigkeit trotz hoher Nachfrage aus.

„Wer baut oder Umland hat, bekommt die Hitze in den Griff – sofern die Infrastruktur passt“, fasst die Studie zusammen. So haben sich etwa in den Bundesländern Baden-Württemberg (Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe), Hessen (Wiesbaden, Darmstadt), Nordrhein-Westfalen (Köln, Düsseldorf) und Sachsen (Leipzig, Dresden) mancherorts die Unterschiede zwischen warm und kalt verringert, die Großstädte sind „kühler“ geworden.

Hier sieht die Lage anders aus.

Das Gegenteil gilt für München und Berlin, auch und besonders hier besteht eine erhöhte Nachfrage nach Wohnraum. Beide Städte haben jedoch gemeinsam, dass ihr Einzugsgebiet vergleichsweise dünn besiedelt ist und die Nachfrage nur eingeschränkt befriedigen kann. Infolgedessen erhitzt sich der gesamte Ballungsraum samt umliegender Städte und bleibt auch „heiß“.

Ein Sonderfall sind Universitätsstädte wie Marburg, Gießen, Würzburg, Trier und Göttingen. Diese waren in der Vergangenheit einem hohen Nachfragedruck bei nicht ausreichendem Wohnungsangebot ausgesetzt, aufgrund der demografischen Entwicklung (Rückgang der Studierendenzahlen) hat sich die Lage dort mittlerweile jedoch entspannt.

„Stadt, Land, Frust“?

Eine Studie des Baufinanzierungsvermittlers Interhyp bestätigt ebenfalls, dass die Nachfrage nach ländlichen Immobilien merklich zunimmt. Hauptmotivation seien die günstigeren Wohnkosten und mehr Wohnfläche zum gleichen Preis, aber auch der Wunsch nach mehr Natur, Ruhe, Entschleunigung, Unabhängigkeit und Gestaltungsspielräumen wurde als Grund genannt.

Allerdings sind der Studie zufolge nicht alle „Stadtflüchter“ mit ihrer Entscheidung glücklich: Von den dokumentierten Käufern von Landimmobilien haderten 42 Prozent mit ihrer Entscheidung, nicht wenige überlegten sogar, in die Stadt zurückzuziehen. Als Ursachen wurden Einschränkungen bezüglich der „drei großen Ks“ Kontakte, Kultur und Konsum angegeben. Schließlich habe sich die Mehrheit nach einiger Zeit aber doch noch eingewöhnt und lediglich 6 Prozent ihre Entscheidung nachhaltig bereut.

Fazit: Die sich zunehmend in Richtung Natur verlagernde Nachfrage kann das Umland in größeren Städten entlasten und Druck aus der angespannten Wohnungsmarktlage nehmen. Leider sind aber die erforderlichen günstigen Rahmenbedingungen (freier Wohnraum, Bauvolumen, Infrastruktur) längst nicht überall in ausreichendem Maße gegeben.

Keine leichte Aufgabe.

Es ist zwingend erforderlich, dass die Planung in Stadt und Umland künftig stärker auf aktuelle Bedürfnisse und Wohnwünsche ausgerichtet wird. „Wachsende Regionen sind aufgrund des weiterhin hohen Wohnungsbedarfs zum Handeln gezwungen, sonst werden Menschen aus der Region verdrängt und das Verkehrsaufkommen steigt“, erklärt Alexander Heinzmann, Geschäftsführer von BPD Immobilienentwicklung in Deutschland.

Unsere zuständigen Politiker sind hier gefordert, zeitnahe Lösungen zu finden, die sich am aktuellen Bedarf orientieren, aber zugleich auch die kommenden Bedürfnisse im Auge behalten. Eine anspruchsvolle Aufgabe.

Quellen: bpd-immobilienentwicklung.de, bfw-bund.de, haufe.de, empirica-institut.de

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